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Rentensystem

Für wirklich angemessene und sichere Alterseinkommen

Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist für die große Mehrheit der abhängig Beschäftigten die wichtigste, häufig sogar die einzige Form der Alterssicherung. Durch Reformen unter dem Schlagwort des "demografischen Wandels" müssen Arbeitnehmer heute und in Zukunft allerdings deutliche Einbußen bei der gesetzlichen Rente hinnehmen. Dies ist aus Sicht der Arbeitnehmerkammer nicht notwendig und mittelfristig wieder zu ändern.

In der Rentenpolitik hat es in den zurückliegenden Jahren einen radikalen Kurswechsel gegeben. Während nach der "großen Rentenreform" von 1957 die Lebensstandardsicherung durch eine umlagefinanzierte GRV ("Generationenvertrag") Konsens war, hat sich dies seit der Jahrtausendwende deutlich geändert. Die Kosten der gesetzlichen Rente wurden zunehmend als nicht länger tragbar angesehen, die Beitragsstabilität rückte in den Mittelpunkt. In der Folge wandelte sich die traditionelle Rentenpolitik zur "Alterssicherungspolitik" mit gezielt begrenzten Kosten: Eine Rentenversicherung mit geringerem Leistungsniveau und späterem Rentenbeginn sollte stärker als bislang durch betriebliche und private Vorsorge ergänzt werden.

Altersübergang
Im Normalfall soll für Beschäftigte auf jahrzehntelange Arbeit eine Altersrente folgen – und zwar ab der schrittweise auf 67 Jahre steigenden Regelaltersgrenze. Für einen erheblichen Teil der Menschen ist dies jedoch unrealistisch oder zu wenig flexibel.
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Reformschritte auf dem Weg zum neuen Alterssicherungssystem

Wesentliche Schritte mit mehreren "Säulen" und gedämpften GRV-Kosten waren seit 2001:

  • Riester-Reform: Förderung individueller Vorsorge bei gleichzeitiger automatischer Absenkung des Rentenniveaus; außerdem Schaffung eines Anspruchs auf private Vorsorge über den Betrieb ("Entgeltumwandlung").
  • Nachhaltigkeitsreform: Anpassung der Renten auch auf Grundlage eines "Nachhaltigkeitsfaktors", der das Zahlenverhältnis von Beschäftigten und Rentnern berücksichtigt und damit das Rentenniveau absehbar weiter sinken lässt
  • "Rente mit 67": Von 2012 bis 2031 wird die Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre angehoben. Eine frühzeitige Inanspruchnahme kann so zukünftig zu dauerhaften Rentenabschlägen von bis zu 14,4 Prozent führen.

Insgesamt führen diese Einschnitte dazu, dass eine lebensstandardsichernde Rente für die die allermeisten Versicherten in weite Ferne rückt - zumal auch der soziale Ausgleich an vielen Stellen reduziert wurde. Die bis 2040 laufende Umstellung der Rentenbesteuerung vergrößert die Nettolücke sogar noch: Vor der Rente bleibt etwas mehr vom Bruttolohn, im Ruhestand dann etwas weniger von der ohnehin geringeren Bruttorente. Ein langfristig weiter sinkendes Nettoleistungsniveau schwächt auch die "strukturelle Armutsfestigkeit" der GRV: Es wird schwieriger, sich eine Rente deutlich über dem Niveau der Grundsicherung zu erarbeiten, woran auch die neue Grundrente nur wenig ändert. Damit leidet auch die Akzeptanz des Pflichtbeitragssystems.

So steht es um das "Drei-Säulen-Modell"

Das Konzept des "Drei-Säulen-Modells" ist bisher nicht aufgegangen. Der Bedeutungsverlust der GRV konnte insgesamt nicht von der betrieblichen und der privaten Vorsorge kompensiert werden. Dies betrifft die Problemgruppen des Arbeitsmarktes in besonderem Maße, gilt aber auch für die breite Mittelschicht. Nach wie vor sind Betriebsrenten sehr ungleich verteilt und kommen überwiegend denen zugute, die bereits ausreichende gesetzliche Renten erwarten dürfen. Die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ist in den letzten Jahren nur moderat gestiegen, wobei Beschäftigte zunehmend selbst Gehaltsbestandteile auf Kosten der Sozialversicherung und ohne Unterstützung des Arbeitgebers umwandeln. Auch die "Riester-Rente" hat die Erwartungen bislang nicht erfüllen können: Bundesweit sorgt nur etwa ein Drittel der Beschäftigten auf diese Weise zusätzlich für den Ruhestand vor, in Bremen nach den Ergebnissen unserer eigenen Erhebung sogar nur ein Viertel. 

Berechnungen der Arbeitnehmerkammer haben deutlich aufgezeigt, dass das derzeitige "Drei-Säulen-Modell" aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge strukturelle Schwächen aufweist. Es scheitert nicht nur zusehends daran, der großen Mehrheit der Beschäftigten zum Renteneintritt insgesamt den Lebensstandard zu garantieren. Bislang leistet es auch keinen umfassenden Schutz bei Invalidität und Tod, sodass der Gesamtbeitragssatz für eine tatsächliche "Vollversicherung" mit über 30 Prozent im Jahr 2030 deutlich teurer als im traditionellen GRV-Modell wäre. Schließlich lassen seine Verfechter außer Acht, dass das Gesamtleistungsniveau während des Rentenbezugs stetig abnimmt: Gesetzliche Renten werden nur noch teilweise an die Löhne angepasst, betriebliche und private Renten häufig gar nicht. Alterseinkommen werden damit von Lohnentwicklungen faktisch komplett abgekoppelt, unter Umständen sogar von der Preisentwicklung.


Kapitaldeckung

Geld arbeitet nicht: Sogenannte Kapitaldeckung ist keine echte Hilfe bei der Bewältigung des demografischen Wandels. Nur mit hoher Produktivität und guter Arbeit gibt es auch zukünftig auskömmliche Renten, und dafür bleibt die gesetzliche Umlage das Mittel der Wahl. Mehr dazu


Das "Drei-Säulen-Modell" mit vermehrter Kapitalmarktnutzung ist letztlich teurer, aber nicht besser als die gesetzliche Rente allein. Die Aushöhlung der GRV ist für die Arbeitnehmer deshalb der falsche Weg. Auch, wenn aufgrund des demografischen Wandels höhere Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung in Kauf genommen werden, wäre diese Alternative für die Versicherten günstiger. Zentrale Forderungen der Arbeitnehmerkammer sind deshalb die Anhebung und Stabilisierung des Rentenniveaus, so dass wieder auskömmliche gesetzliche Renten wie die beitragspflichtigen Löhne steigen. Um dauerhaft zuverlässige Alterssicherung für alle Erwerbstätigen zu erreichen, sollte die Pflichtversicherung außerdem auf die bislang nicht in der GRV oder in berufsständischen Versorgungswerken obligatorisch abgesicherten Selbständigen ausgeweitet werden. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition sieht immerhin vor, das Rentenniveau dauerhaft bei 48 Prozent zu stabilisieren und neue Selbständige ohne anderweitigen Schutz zumindest vorläufig zur gesetzlichen Vorsorge zu verpflichten. Außerdem soll die Regelaltersgrenze vorerst nicht noch über 67 Jahre hinaus angehoben werden.


Rentenniveau

Eine Hand mit Geldscheinen

Ein gutes und stabiles Rentenniveau ist entscheidend, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Pläne der "Ampel" für eine dauerhafte Haltelinie von 48% weisen deutlich in die richtige Richtung, auch wenn das Niveau wieder etwas höher ausfallen sollte. Mehr dazu


Insgesamt sollten rentenpolitische Maßnahmen der Einsicht folgen, dass Alterssicherung eben nicht "auf Autopilot" funktioniert, sondern von den Bedürfnissen der Menschen ausgehen sollte: Anstelle einer vor allem auf Kostenbegrenzung ausgerichteten und geradezu "technokratischen" Politik muss es darum gehen, wieder von angemessenen Leistungen her zu denken und sich der Dynamik von Gesellschaft und Wirtschaft bewusst zu sein. Die Arbeitnehmerkammer wird sich deshalb auch zukünftig für ein starkes und lebensnahes Sozialversicherungssystem einsetzen.

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Dr. Magnus Brosig
Referent für Sozialversicherungs- und Steuerpolitik

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