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Beschäftigung an Bremischen Hochschulen

Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft – Frauen sind besonders benachteiligt

Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft drückt sich durch viele aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit teilweise kurzen Laufzeiten aus. Diese Beschäftigungsbedingungen an den staatlichen Hochschulen sind in den vergangen Jahren immer wieder kritisiert worden. Die Debatte wird jedoch seit Anfang 2021 durch den Hashtag #IchbinHanna neu angeheizt. Mit Verweis auf ihre Arbeitsbedingungen fordern Beschäftigte im wissenschaftlichen Mittelbau1  und Beschäftigtenvertretungen umfassende Reformen.

Im Land Bremen sind insgesamt 80 Prozent des Personals im wissenschaftlichen Mittelbau an den vier staatlichen Hochschulen2 befristet beschäftigt. Bundesweit liegt der Anteil ebenfalls bei 80 Prozent.3 Befristete Verträge mit kurzen Laufzeiten und damit einhergehende Unsicherheiten in der Lebensplanung sowie Überstunden und Forschung in der Freizeit sind Alltag für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Darüber hinaus sind die Karriereaussichten begrenzt. Eine unbefristete Vollzeitstelle unterhalb der Professur gibt es viel zu selten. Die Chancen, eine der begehrten Professuren zu ergattern, gelten ebenfalls als gering. Diese Strukturen wirken sich entscheidend auf die Karriere- und Familienplanungen der Beschäftigten aus. 

Dadurch sind besonders Frauen benachteiligt. Vor allem in der höchsten Karrierestufe sind sie unterrepräsentiert. Das Phänomen der „Leaky Pipeline“ („undichte Leitung“) beschreibt in der Wissenschaft einen sinkenden Frauenanteil auf den verschiedenen Karrierestufen und wird in der Grafik am Beispiel der Universität Bremen verdeutlicht. Der Anteil an Professorinnen bleibt dort mit 32 Prozent vergleichsweise gering. Das liegt zum einen daran, dass wesentliche Karriereschritte, die für eine Professur qualifizieren, in der Regel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr stattfinden und somit mit der Familienphase zusammenfallen. Dies ist besonders für Frauen eine Herausforderung, denn sie tragen nach wie vor die Hauptverantwortung für Kinder und Haushalt. Umgekehrt bleiben Wissenschaftlerinnen und vor allem Professorinnen häufiger kinderlos als Frauen in anderen Berufen. Darüber hinaus sind auch die geforderte zeitliche und örtliche Flexibilität und die große Zahl befristeter Stellen Gründe dafür, dass Frauen sich nach dem Studium beziehungsweise der Promotion außerhalb des Wissenschaftssektors orientieren. 

Die fehlende Planungssicherheit ist belastend für das wissenschaftliche Personal. Bessere Beschäftigungsbedingungen sind nicht nur ein zentrales Fundament für mehr Berufszufriedenheit und die individuelle Lebensgestaltung. Sie sind darüber hinaus existenziell, um den Erfolg in Forschung und Lehre und die Qualität des Wissenschaftssystems insgesamt nachhaltig zu sichern. Es braucht folglich eine Trendwende hin zu mehr unbefristeten Arbeitsverhältnissen, vor allem nach Abschluss der Promotion.
Dies ist ohne eine stabile Grundfinanzierung jedoch schwer möglich. Hochschulen brauchen Planungssicherheit. Allerdings wird knapp die Hälfte der befristet Beschäftigten im wissenschaftlichen Mittelbau aus projektgebundenen Drittmitteln finanziert.4 Und mit diesen können Hochschulen nicht langfristig planen. Das Land Bremen sollte sich also für ein ausgewogenes Verhältnis von Drittmitteln und Grundmittel einsetzen und dafür die Grundfinanzierung deutlich erhöhen.

Ein Rahmenkodex für gute Beschäftigung an Bremens Hochschulen

Der im November 2016 unterzeichnete Rahmenkodex "Vertragssituationen und Rahmenbedingungen von Beschäftigungen an den staatlichen Bremischen Hochschulen" wurde in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Gewerkschaften, Personalräten, Arbeitnehmerkammer, dem Kollegiumsrat der akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Bremen und den Frauenbeauftragten mit der Senatorin für Wissenschaft und den Leitungen der Hochschulen verhandelt. Er ist eine Selbstverpflichtung der Hochschulen für eine bessere Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse. Er soll größere Transparenz und Planbarkeit, insbesondere bei befristetet Beschäftigten, schaffen. Der Evaluation und Weiterentwicklung des Rahmenkodex ist im Bremischen Hochschulgesetz festgeschrieben und erfolgt seit 2023. Um jedoch langfristig gute Beschäftigungsbedingungen sicherstellen zu können, braucht es eine solide und verlässliche Grundfinanzierung der Hochschulen sowie eine Verankerung der Grundlagen aus dem Rahmenkodex in hochschulinternen Verfahren.

  • Gewerkschaften und Arbeitnehmerkammer fordern unbefristete Stellen für Daueraufgaben in Forschung und Lehre.
  • Familiengerechte Hochschulen mit stabilen Arbeitsverhältnissen erhöhen den Frauenanteil an Universitäten und Hochschulen - auch bei den Professuren - eher als grundsätzlich wünschenswerte Quotenregelungen und einzelne Frauenförderprogramme. 
  • Um langfristig gute Beschäftigungsbedingungen sicherstellen zu können, braucht es – neben einer verlässlichen Grundfinanzierung – die konsequente Weiterentwicklung des Rahmenkodex an die aktuellen Herausforderungen und die Verankerung der Grundlagen aus dem Rahmenkodex in hochschulinternen Verfahren.
  • Es bedarf es einer grundlegenden, strukturellen Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf Bundesebene.

 

Als akademischen beziehungsweise wissenschaftlichen Mittelbau bezeichnet man wissenschaftliches, graduiertes Personal, welches keine Professur innehat.
2 Statistisches Landesamt Bremen 2024: Hochschulpersonal 2022.
3 Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021: S. 111
4  Statistisches Bundesamt (2022): Bildung und Kultur. Personal an Hochschulen. Fachserie 11, Reihe 4.4, 2021, S. 168.

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Jessica Heibült
Referentin für Bildungs- und Hochschulpolitik

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