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Tarifverträge

Wann gelten sie und für wen?

Das Arbeitsrecht ist nicht in einem einzigen Gesetz geregelt, sondern sehr verstreut. So gibt es zum Beispiel ein Arbeitszeitgesetz, ein Mutterschutzgesetz oder auch ein Kündigungsschutzgesetz. Daneben sind viele Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag, aber auch in Tarifverträgen zu finden. Wenn Sie herausfinden wollen, was in Ihrem Falle gilt, gehen Sie folgendermaßen vor.

1. Schritt:

Auch wenn Sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben, gilt für Ihr Arbeitsverhältnis unter Umständen ein Tarifvertrag. Das ist der Fall, wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde (siehe 4. Schritt) oder wenn folgende drei Voraussetzungen gegeben sind:

  • Sie sind Mitglied in einer Gewerkschaft und
  • Ihr Arbeitgeber ist Mitglied in einem Arbeitgeberverband und
  • dieser Verband hat mit der Gewerkschaft einen Tarifvertrag abgeschlossen.

Gewerkschaft und Arbeitgeberverband haben dann sozusagen einen für alle Mitglieder übergeordneten Vertrag geschlossen. Alle Regeln dieses Tarifvertrages gelten dann für das einzelne Arbeitsverhältnis. Von den tariflichen Regelungen dürfen Arbeitgeber auch nicht abweichen, jedenfalls nicht zum Nachteil der Beschäftigten. Der Betrieb darf also nicht etwa einen geringeren als den Tariflohn, längere wöchentliche Arbeitszeiten oder weniger Urlaub mit den Beschäftigten vereinbaren. Widersprechen sich die Regeln im Arbeitsvertrag (zum Beispiel 25 Tage Urlaub) gegenüber denen im Tarifvertrag (zum Beispiel 30 Tage Urlaub), so gilt die Vereinbarung, die für Sie günstiger ist (sogenanntes Günstigkeitsprinzip).

2. Schritt:

Ihr Arbeitsvertrag sollte zumindest die wesentlichen Rechte (und natürlich auch Pflichten) regeln. Das betrifft insbesondere

  • die Art der zu erbringenden Arbeitsleistung (zum Beispiel eingestellt als Bäcker, als Friseurin, als Verkäuferin oder als Lagerarbeiter),
  • die Höhe der Vergütung (zum Beispiel 12,41 Euro pro Stunde oder 2.151,00 Euro monatlich),
  • die wöchentliche Arbeitszeit (etwa 40 oder 39 Stunden oder Teilzeit mit 20 Stunden),
  • den jährlichen Urlaubsanspruch in Arbeitstagen und
  • die Kündigungsfristen.

Arbeitgeber können für einzelne Punkte auch auf Gesetze verweisen. Häufig wird dies bei den Kündigungsfristen der Fall sein. So findet sich in vielen Arbeitsverträgen die Formulierung „Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen“. Um herauszufinden, welche Kündigungsfrist gilt, müssten Sie im Gesetz nachsehen (die Kündigungsfristen sind in § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt).

Noch häufiger ist in Arbeitsverträgen ein Verweis auf einen Tarifvertrag zu finden, zum Beispiel „Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für Kraftfahrer im Güternahverkehr Anwendung“. In einem solchen Fall müssen Sie also in diesem Tarifvertrag nachsehen, um herauszufinden, wie viele Stunden Sie wöchentlich arbeiten müssen, wie viel Urlaub Ihnen zusteht oder auch ob Sie zum Jahresende Weihnachtsgeld erhalten. Der Verweis im Arbeitsvertrag ist nur eine der Möglichkeiten, einen Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden. Arbeitsrechtler nennen diese Möglichkeit die „arbeitsvertragliche Inbezugnahme“ eines Tarifvertrages.

Hinweis: Grundsätzlich können Arbeitsverträge auch mündlich abgeschlossen werden. Damit Sie sich aber über Ihre Rechte (und Pflichten) sicher informieren können, haben Sie gem. § 2 Nachweisgesetz
das Recht, von Ihrem Arbeitgeber jederzeit eine schriftliche Ausfertigung der vereinbarten Arbeitsbedingungen zu verlangen. Dabei ist der Arbeitgeber dann auch verpflichtet, auf den anzuwendenden Tarifvertrag schriftlich hinzuweisen.

3. Schritt:

Außerdem gibt es noch eine weitere Möglichkeit, warum ein Tarifvertrag für ein einzelnes Arbeitsverhältnis gilt. Betriebe können sich nämlich dafür entscheiden, auf alle Arbeitsverhältnisse einen bestimmten Tarifvertrag anzuwenden. Das hat für Firmen den Vorteil, dass sie nicht mit jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin alle Regelungen einzeln aushandeln müssen. Die Regelungen des Tarifvertrages gelten dann, weil die Anwendung des Tarifvertrages betriebsüblich ist.

4. Schritt:

Es kann auch der Fall zutreffen, dass ein Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung gilt. Das bedeutet, das Bundesarbeitsministerium, die Arbeitgeber einer ganzen Branche (etwa des Reinigungsgewerbes) und die zuständige Gewerkschaft haben in diesen Fällen – aus Gründen der Gleichbehandlung – beschlossen, dass ein bestimmter Tarifvertrag für die gesamte Branche gilt. Es kommt dann nicht mehr darauf an, ob Sie Mitglied der Gewerkschaft sind oder Ihr Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Der entsprechende und für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag gilt für alle, so als wäre er ein Gesetz.

Welche Tarifverträge im Lande Bremen für allgemeinverbindlich erklärt sind, erfahren Sie beim

Bremer Tarifregister
Telefon 0421· 361-2081
oder per E-Mail

In Deutschland gib es mehr als 40.000 Tarifverträge. Die nächste Frage ist daher, welcher Tarifvertrag gilt für mich? Das kommt darauf an, warum er gilt. Benutzen Sie einfach die nachstehende Tabelle als Entscheidungshilfe. 

Welcher Tarifvertrag gilt für mich?

 

Vertrag wird angewendet...Welcher Tarifvertrag gilt? Wo steht dieser Vertrag?
... weil im Arbeitsvertrag auf ihn Bezug genommen ist.Der Tarifvertrag, der im Arbeitsvertrag genannt wird.Fragen Sie Ihren Arbeitgeber oder Betriebsrat (sofern vorhanden) oder rufen Sie beim Tarifregister an.
... weil Sie einer Gewerkschaft und Ihr Arbeitgeber einem Verband angehört.Der Tarifvertrag, den die Gewerkschaft mit dem Arbeitgeberverband abgeschlossen hat.Fragen Sie Ihre Gewerkschaft.
... weil die Anwendung des Tarifvertrags betriebsüblich ist.Der Tarifvertrag, den der Arbeitgeber im Betrieb anwendet.Fragen Sie Ihren Arbeitgeber oder oder Betriebsrat.
... weil der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist.Derjenige, der für Ihre Branche für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.Fragen Sie Ihren Arbeitgeber oder Betriebsrat oder rufen Sie beim Tarifregister an. 

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