Leon Schröder macht eine Ausbildung zum Mediengestalter und hat Europas ersten KI-Sänger erschaffen
Text: Anna Zacharias
Foto: Kay Michalak
1. Januar 2025
Ben ist jung, talentiert und einfach nur schön. Der Sänger erobert mit rauchiger Stimme und mainstreamtauglichen Popsongs Frauen- und Männerherzen auf Instagram – ist aber leider nicht echt. „Zu schön, um wahr zu sein“, schrieb die Bild-Zeitung, und das ist er ja auch: Ben ist Europas erster KI-Sänger.
Wer Ben Gaya auf Instagram schreibt, bekommt eine Antwort von Leon Schröder. Der 23-Jährige ist im dritten Lehrjahr als Mediengestalter Digital und Print bei der Bremer Marketingagentur Construktiv und sein Herzensprojekt ist der seelenlose Sänger. Für Ben und den humanoiden Rest seines Teams voll kreativer Köpfe nimmt der gebürtige Delmenhorster die anderthalb Stunden Fahrzeit aus Ganderkesee nach Bremen-Horn gern auf sich. Nach dem Wirtschaftsgymnasium hatte er in Bremen zunächst ein BWL-Studium begonnen, „doch das war mir einfach zu trocken“, sagt er. Bereits mit 14 beschäftigte er sich mit 3D-Videos auf YouTube und wollte schon immer die neuesten Tools kennen.
Künstliche Intelligenz stellt mit Programmen wie ChatGPT und Midjourney schon jetzt eine Konkurrenz dar – wie soll das in 20 Jahren aussehen, wenn Leon Schröder erst in der Mitte seines Arbeitslebens angekommen sein wird? „Da mache ich mir keine Sorgen. Es wird auch dann noch ein Mensch nötig sein, um der KI zu sagen, was sie tun soll, sonst funktioniert es nicht“, ist er überzeugt.
Der KI sagen, was sie tun soll – das klingt einfach. Es ist aber gar nicht so leicht, wenn man ein genaues Ergebnis vor Augen hat. Ben Gaya ist mit dem Programm Midjourney entstanden. „Der erste Schritt waren erst mal Porträtbilder von ihm. „‚Junger Mann mit Locken‘ lautete die erste Eingabe. Wir haben mit dem Team rund 50 Personas entwickelt, aus denen wir dann zehn herausgepickt und den Favoriten ausgewählt haben“, sagt Leon Schröder.
Mensch und Maschine waren dabei nicht immer ein Herz und eine Seele: Um ein zufriedenstellendes Bild zu bekommen, musste der Textbefehl an die KI mehrfach abgeändert werden. In der späteren Entwicklung habe das Team zum Beispiel bemerkt, dass Ben nicht immer gleich aussieht; ein Problem, das beim einmaligen Einsatz für ein Werbeplakat gar nicht aufgefallen wäre. Mit ChatGPT wurde eine Biografie für den Popstar geschrieben, der schon ein bisschen „special“ sein sollte: Der hellhäutige Teenie-Schwarm mit dem blonden Lockenschopf stammt aus Namibia und ist queer. Für Bens ersten Hit wurde nicht etwa eine Band, sondern ein Musikgenerierungstool bemüht und schließlich das passende Musikvideo erstellt.
Und was soll das Ganze eigentlich? „Wir wollen zeigen, was mit KI heute möglich ist, auch als Aushängeschild für potenzielle Kunden“, erklärt der Auszubildende. Seinen jungen Helden optimiert der 23-Jährige aus Fleisch und Blut stetig weiter: „Aktuell arbeite ich daran, das Lipsync zu verbessern, damit die Mundbewegungen besser zum Ton passen“,
erklärt er.
Ein kreativer Job, bei dem man auch noch ein tolles Team hat? Fast zu schön, um wahr zu sein, findet Leon Schröder und will seiner Agentur auch nach der Ausbildung weiter treu bleiben. Der Agentur – und Ben natürlich.
Der Mediengestalter / die Mediengestalterin
Die Ausbildung im Bereich Mediengestaltung Digital und Print dauert drei Jahre. Das Gehalt nach der Ausbildung bewegt sich laut der WSI-Lohnspiegel-Datenbank im Bereich von rund 2.500 bis 3.300 Euro. Weitere Infos gibt es bei der Handelskammer.