Finanzvertriebe an der Uni

Studierende als lukrative Zielgruppe

Text: Thomas Mai (Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen)
Illustration: Anika Falke
1. November 2024

Auf dem Uni-Campus gehören sie fast schon zum gewohnten Bild. Gerade zu Semesterbeginn, aber auch während der ­Vorlesungszeit, sind Promotionsstände oder Seminaran­gebote von Finanzdienstleistern auf dem Universitätsgelände allgegenwärtig. Die Absicht der Anbieter ist nicht sofort erkennbar.

Ziel der Unternehmen ist es, Studierende mit nütz­lichen Geschenken oder kostenlosen Weiterbildungen so früh wie möglich als potenzielle Kundengruppe zu gewinnen. Ist der Kontakt einmal hergestellt und das Vertrauen ge­­wonnen, versuchen die Vertriebler ihre Altersvorsorge- und Ver­sicherungsprodukte zu verkaufen. Mit dem Verkauf von Finanzprodukten lassen sich lukrative Geschäfte machen. Jeder abgeschlossene Vertrag bringt eine Provision.

Die Verbraucherzentrale Bremen mahnt zur Vorsicht und rät Studierenden davon ab, auf dem Universitätsgelände ange­botene Verträge abzuschließen oder sich auf teure Policen einzulassen. Aus Sicht von Verbraucherschützern gehen diese Produkte in der Regel am Bedarf der Studierenden vorbei, sind unflexibel, intransparent und erwirtschaften wenig Rendite. Hauptmanko sind viel zu hohe anfängliche und laufende Kosten.

Untersuchungen zu Verträgen, die schon mindestens zehn Jahre laufen, belegen die trübe Entwicklung. Sie ­weisen sehr lange Laufzeiten von über 30 Jahren aus, werden in der Regel aber schon weit früher wieder abgebrochen. Jüngst stellte selbst die Finanzaufsicht BaFin den Kundennutzen von Fondspolicen infrage und bemängelt die zu hohen Effektiv­kosten. Diese werden in den Verkaufsgesprächen ­selten näher thematisiert.

Der Schaden offenbart sich jungen Menschen meist erst nach vielen Jahren. Das geht aus etlichen Beratungsfällen der Verbraucherzentrale Bremen hervor. Statt ordentlicher Wertzuwächse dank guter Kapitalmarktentwicklung sind die vermittelten Fondspolicen oft nach zehn Jahren noch im Minus. Die Wirkung der hohen laufenden Kosten wird unterschätzt. Nach 30 oder 40 Jahren ist mit 30 bis 50 Prozent weniger Vermögenszuwachs zu rechnen.

Ein Standardprodukt, das Studierenden häufig auf dem Campus angeboten wird, ist die Basisrente – auch bekannt als Rürup-Rentenversicherung. Sie wird gern als Altersvorsorge verkauft. Was viele nicht wissen, ist, dass ein solcher Vertrag nicht mehr kündbar ist, man behält ihn quasi bis ans Lebensende. Daher ist es umso wichtiger, sich vorab genau zu informieren, mit wem man solch einen ­Vertrag abschließt.

Auch laufende Verträge sollten auf den Prüfstand, denn je später man sich kümmert, desto größer ist in der Regel der schon eingetretene Schaden. Studierenden sollte klar sein, dass Finanzvertriebe nicht unabhängig beraten. Sie werden von den Produktherstellern gegen Provision bezahlt und verkaufen deren Produkte. Günstigere Produkte ohne Pro­visionen werden kaum verkauft.

Wichtig: Nicht übereilt einen Vertrag unterschreiben, ­sondern Vergleiche anstellen und sich unabhängig zum tatsächlichen Bedarf informieren. Und: Zur Altersvorsorge braucht es keine Versicherungen.

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