Arbeit ohne Ende?

Was Beschäftigte zu ­Überstunden ­wissen sollten

Text: Hanna Mollenhauer
Juristische Beratung: Hubertus Bartelt

Foto: Kay Michalak
1. Juli 2024

Darf mein Arbeitgeber Überstunden anordnen?

Grundsätzlich gilt: Sie müssen nur so viel arbeiten, wie Sie vereinbart haben. Der Arbeitgeber kann allerdings Überstunden verlangen, wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Ansonsten kann er nur bei nicht vorherseh­baren Notfällen und Katastro­phen Über­stunden anordnen – etwa bei plötzlichem Personalmangel infolge von Krankheit oder einem unvorherseh­baren Ausmaß an zusätzlicher Arbeit. In Betrieben mit Betriebsrat muss ­dieser der Anordnung von Über­stunden zustimmen. Eine stillschweigende An­ordnung von Überstunden liegt vor, wenn der Arbeitgeber Arbeit in einem Umfang zuweist, die in der normalen Arbeitszeit nicht zu schaffen ist.

Was heißt es, dass der Arbeitgeber Überstunden ­billigt oder duldet?

Billigen heißt, dass der Arbeitgeber nachträglich mit den Überstunden einverstanden ist. Eine Duldung liegt vor, wenn Arbeitgeber wissen, dass Überstunden anfallen und nicht dagegen einschreiten.

Wie viele Überstunden darf der Arbeitgeber verlangen?

Beschäftigte dürfen von Montag bis Samstag je acht Stunden arbeiten – also maximal 48 Stunden pro Woche. Die tägliche Arbeitszeit kann vorüber­gehend auf zehn Stunden ver­längert werden. Allerdings müssen diese zusätzlichen Stunden innerhalb von sechs Monaten durch Freizeit ausge­glichen werden, sodass die Beschäftigten im Durchschnitt wieder auf acht Stunden pro Tag kommen.

Muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitszeit und die gemachten Pausen minutengenau zu erfassen, also auch die Überstunden.

Müssen Überstunden bezahlt werden?

Überstunden müssen vergütet ­werden, entweder in Freizeit oder Geld. Der Arbeitgeber hat hier das alleinige Wahlrecht, es sei denn ein Arbeits- oder Tarifvertrag regelt die Vergütung der Überstunden.

Kann ich meine Überstunden auch in Freizeit abbummeln?

Nur wenn der Arbeitgeber das so entscheidet, dem Wunsch zustimmt, sowie wenn Arbeits- oder Tarifvertrag das ausdrücklich so vorsehen.

In meinem Arbeitsvertrag steht „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“. Was heißt das?

Solche Klauseln sind in der Regel rechts­­widrig. Nach Auffassung des Bundes­arbeitsgerichts ist eine pauschale Abgeltung von Über­stunden mit dem vereinbarten Gehalt zu un­genau und deswegen ungültig. Der Arbeit­nehmer muss bei Vertrags­abschluss erkennen können, was auf ihn zukommt und ­welche Leistung er für die verein­barte Vergütung erbringen muss. Sogenannte Abgeltungs­klauseln sind nur dann wirksam, wenn aus ihnen hervor­geht, bis zu welcher Anzahl oder ­welchem Anteil Überstunden mit dem Gehalt abge­golten sind. ­Solche Ab­reden müssen sich aber im ­Rahmen des Arbeitszeit­gesetzes be­­wegen und dürfen nicht dazu führen, dass der Gesamtlohn dadurch den Mindestlohn unter­schreitet. So darf etwa bei Teilzeit­kräften nicht durch die „Hintertür“ ein Vollzeitvertrag ent­stehen. Eine unwirksame Klausel hätte zur Folge, dass der Arbeitgeber die Überstunden bezahlen muss, wenn er sie angeordnet, geduldet oder gebilligt hat.

 

­­Mitglieder der Arbeitnehmerkammer können sich kostenlos arbeitsrechtlich beraten lassen – auch zum Thema Überstunden.