EIn Kinderwagen steht im Vordergrund auf einem Spielplatz, im HIntergrund Eltern und Kinder

Wenn die Betreuung fehlt

Rund 5.400 Kita-Plätze fehlen im Jahr 2023/24 im Land Bremen

Rund 5.400 Kita-Plätze fehlen laut einer aktuellen Studie im Jahr 2023/24 im Land Bremen. Welche Möglichkeiten haben Eltern, um einen Betreuungsplatz für ihr Kind zu bekommen? Und welche Rechte haben Beschäftigte?

Text: Insa Lohmann
Fotos: Kay Michalak

8. Dezember 2022

Es fehlt an Gebäuden, Plätzen und Personal: Die Situation der Kitas im Land Bremen ist schwierig. Inzwischen gibt es zwar mehr Kitas, doch das Personal fehlt. Nun stehen die Anmeldungen für das Kita-Jahr 2023 / 24 vor der Tür: 5.400 Bremer Kinder sollen bei der Vergabe der Kita-Plätze leer ausgehen – zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung.

Die gesetzliche Lage ist klar geregelt: Seit 2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, für Kinder ab drei Jahren besteht dieser bereits seit 1996. Doch mehr Plätze lassen sich nicht von heute auf morgen schaffen. Welche Möglichkeiten haben Eltern also, wenn es nicht klappt mit der Betreuung? Und was sollte ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer wissen?

Seit 2022 läuft die Vergabe für einen Betreuungsplatz zentral über das Kitaportal Bremen. Dort können Eltern ihr Kind bis zum 31. Januar für bis zu drei Wunscheinrichtungen an - melden, die Betreuung startet in der Regel zum 1. August des Jahres. Gibt es mehr Anmeldungen als Plätze, bekommen einige Kinder zunächst eine Ablehnung. „Wenn nur die Wunscheinrichtung infrage kommt, können Eltern warten, bis dort ein Platz frei wird und sich auf eine Warteliste setzen lassen“, sagt Birgül Kayin, Rechtsberaterin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen. Denn nicht jeder Platz wird auch angenommen. Alternativ kann man sich in das zentrale Online-Vermittlungsportal der Stadt aufnehmen lassen und bekommt mit Glück in einer benachbarten Einrichtung einen Platz zugewiesen. „Die Entfernung für Eltern muss zumutbar sein“, betont Kayin. Das bedeutet, dass alle Einrichtungen innerhalb von zwei Kilometern infrage kommen. Zudem können Eltern sich eigenständig auf die Suche nach einer Betreuungseinrichtung machen.

Gespräch mit Arbeitgeber suchen

Eltern, die zunächst keinen Kita-Platz für ihr Kind erhalten, sollten sich nicht nur um eine alternative Betreuung kümmern, sondern auch schnellstmöglich mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen und nach Lösungen schauen. „Je früher das Gespräch gesucht wird, desto mehr Zeit bleibt allen Beteiligten für die Umorganisation des Arbeitsplatzes“, sagt Birgül Kayin. So könnten betreuende Elternteile unter Umständen Elternzeit in Anspruch nehmen. „Je nachdem, wie alt das Kind ist und wie viel Elternzeit bereits genommen wurde, gibt es unterschiedliche Optionen“, so die Expertin. Betroffene können sich von der Arbeitnehmerkammer Bremen über ihre Möglichkeiten beraten lassen. Wichtig: Bis zum vollendeten dritten Lebensjahr muss die Elternzeit dem Arbeitgeber schriftlich spätestens sieben Wochen, ab dem dritten bis einschließlich achten Lebensjahr 13 Wochen vor Beginn der geplanten Elternzeit gemeldet werden. Rechtsberaterin Birgül Kayin: „Sofern ein dritter Zeitabschnitt der Elternzeit geplant ist, bedarf es der Zustimmung des Arbeitgebers. Kommt eine weitere Elternzeit nicht in Betracht, ist auch eine unbezahlte Freistellung möglich.“ Betroffene sollten sich hier wegen der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung unbedingt beraten lassen.

„Nach dem Ende der Elternzeit sind Beschäftigte verpflichtet, ihre Arbeit wieder aufzunehmen.“
Birgül Kayin, Rechtsberaterin

Arbeitnehmende, die die Betreuung ihrer Kinder nur durch Teilzeit ermöglichen können, haben die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu reduzieren. Die Expertin rät Beschäftigten, die bei der Kita-Platz-Vergabe zunächst leer ausgehen, frühzeitig die Beratung der Arbeitnehmerkammer aufzusuchen, um individuelle Lösungen zu finden.

Die Angst um den Arbeitsplatz

Müssen Arbeitnehmende, die wegen eines fehlenden Betreuungsplatzes ihres Kindes nicht rechtzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren, eine Kündigung befürchten? „Nach dem Ende der Elternzeit sind Beschäftigte verpflichtet, ihre Arbeit wieder aufzunehmen“, betont Birgül Kayin. Aber: „Eine Kündigung ist immer das letztmögliche Mittel. Arbeitgeber sollten andere, mildere Mittel prüfen, beispielsweise eine unbezahlte Freistellung.“ Arbeitnehmende, die nach dem Ende der Elternzeit nicht in den Beruf zurückgehen können, weil sie ihr Kind zu Hause betreuen müssen, können Anspruch auf entgangenen Verdienst haben. Kayin: „Ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, muss im Einzelfall geprüft werden.“

„Es besteht die Option, Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen.“
Birgül Kayin, Rechtsberaterin

Was sollten Beschäftigte tun, wenn es trotz aller Bemühungen um einen Betreuungsplatz nicht geklappt hat? „Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft und der Anspruch auf Betreuung kann nicht erfüllt werden, besteht die Option, eine Klage beim Verwaltungsgericht auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes einzureichen“, sagt Rechtsberaterin Birgül Kayin. In Bremen ziehen immer mehr Eltern für ihr Recht auf einen Kita-Platz vor Gericht: So gab es im Kita-Jahr 2022 / 23 insgesamt 65 Verfahren, in denen Eltern den Betreuungsanspruch für ihr Kind einklagten. Wichtig: Im Falle einer Klage sollten Eltern möglichst schnell handeln. „Um eine zeitnahe Entscheidung des Gerichts herbeizuführen, sollte die Klage auf Zuweisung mit einem Eilverfahren verbunden werden, da der Rechtsstreit vor Gericht längere Zeit in Anspruch nehmen kann“, sagt Birgül Kayin. „Die Rechtsverfolgung der Eltern, die für ihre Kinder einen Betreuungsplatz einklagen müssen, ist gerichtskostenfrei."