Frau aus der Vogelüperspektive, die oben aus dem Bild rausgeht mit Aktentasche und Fußspuren hinter sich.

Lücken im Lebenslauf

Tipps für Beschäftigte

Vorübergehende Arbeitslosigkeit, Krankheit, berufliche ­Neuorientierung, eine ausgedehnte Reise: Es gibt viele Gründe, warum ein Lebenslauf in seiner ­chronologischen Abfolge ­vielleicht ­Leerstellen ­aufweist. Wichtig ist, damit transparent und ehrlich ­umzugehen.

Text: Anne-Katrin Wehrmann
Foto: Jonas Ginter
1. Mai 2024

Die Pandemie-Zeit mit ihren Lockdowns und Beschränkungen hat nicht nur im Privaten einiges durcheinandergewirbelt – auch im Berufsleben haben sich viele noch einmal neu orientiert. „Corona war eine schwierige Zeit“, sagt Hella Grapenthin, Weiterbildungs­­­­be­raterin bei der Arbeitnehmerkammer. „Es gab mehr Gelegenheit, sich mit Dingen auseinanderzusetzen. Bei vielen Beschäftigten hat das zu der Erkenntnis geführt, dass sie in ihrem Job nicht glücklich sind.“ Andere dagegen ­mussten sich gezwungenermaßen einen neuen Arbeitsplatz suchen, weil ihnen in der Krise gekündigt wurde. „Unter dem Strich kommen jetzt deutlich mehr Menschen in unsere Beratung, die sich beruflich neu orientieren wollen oder müssen“, berichtet Grapenthin.

„Corona war eine ­schwierige Zeit.“
Hella Grapenthin, Weiterbildungsberaterin

Und das bedeutet auch: Bewerbungen schreiben und den Lebenslauf aktualisieren. Eine Frage, die dabei immer wieder aufkommt, ist die nach vermeintlichen oder tatsäch­lichen Lücken. Wie sieht ein gelungener Umgang damit aus? Und ab wann ist eine Lücke eigentlich eine Lücke? „­Darüber lässt sich streiten“, erläutert die Beraterin. Während in der Fachliteratur manchmal schon ein freier Zeitraum von zwei oder drei Monaten als problematisch angesehen werde, bezeichne sie selbst eher sechs Monate und mehr als Lücke. „Ab einem Jahr ist es dann definitiv auffällig. Das sollte man auf jeden Fall erläutern, sonst macht sich der Arbeitgeber seine ­eigenen Gedanken. Und das ist nie gut.“

Immer bei der Wahrheit bleiben

Wer versucht, Lücken zu kaschieren, fällt damit meistens schnell auf. Zum Beispiel dann, wenn im restlichen Lebenslauf die konkreten Zeiträume von Tätigkeiten inklusive Monats­angaben benannt sind, an kritischen Stellen aber nur Jahres­zahlen auf­tauchen. „Auch eine Auflistung von Erfahrungsjahren ohne Angabe von Zeiträumen zeigt einem potenziellen neuen Arbeitgeber, dass da Lücken sind“, macht Hella Grapenthin deutlich. Beides führe zu Fragezeichen und sollte vermieden werden: „Dann ist es besser, die Lücke zu benennen und zu erläutern“, meint die Expertin. Die häufigsten Gründe für Leerzeiten sind nach ihrer Erfahrung Arbeitslosigkeit, Krankheit, die Pflege von Angehörigen sowie Auszeiten nach dem Schul- oder Studien­abschluss. Immer wieder werde sie zudem gefragt, wie es sich mit Elternzeiten verhalte. „Es ist nicht verpflichtend, Elternzeiten anzugeben“, sagt sie. „Aber es ist ratsam, damit keine Lücken entstehen.“ Ihr Tipp: Sich bewerbende Eltern sollten in dieser Zeit erworbene Kompetenzen betonen und möglichst alle Fortbildungen angeben, an denen sie teilgenommen haben.

Wer versucht, Lücken zu kaschieren, fällt damit meistens schnell auf.

Grapenthin rät außerdem, transparent und vor allem ehrlich mit mög­lichen Lücken umzugehen – und zugleich eine positive Darstellung zu wählen, sofern sie der Wahrheit entspricht. Wer sich zum Beispiel ­während des Studiums in der Flüchtlingshilfe oder einem anderen Ehrenamt engagiert hat, kann damit längere Studienzeiten erklären. Wer den Studiengang wechselt, formuliert das besser als „akademische Neu­­orien­tierung“. Und Zeiten des Work and Travel finden im Lebenslauf ihren Platz als Berufser­fahrung. „Ideal ist es, wenn sich Aspekte finden lassen, von denen das Unternehmen profitieren kann. Das erfordert dann manchmal ein ge­­wisses Transferdenken, aber oft lassen sich auch Erfahrungen aus einer Weltreise oder einem Sabbatical auf konkrete Stellenausschreibungen abstimmen – wenn zum Beispiel Sprachkenntnisse oder Erfahrungen mit ­kultureller Vielfalt gefragt sind.“ Bei allem gilt: Sowohl das Anschreiben als auch der Lebenslauf sollten authentisch sein. ­Grapenthin: „Niemand sollte sich auf der Suche nach positiven Formulierungen verbiegen.“

Positive Beispiele

Übrigens müssen vermeintliche Lücken im Lebenslauf nicht zwingend negativ zu verstehen sein. Bei entsprechender Erläuterung können Umbrüche und berufliche Wechsel auch zeigen, dass eine Bewerberin oder ein Be­­werber Neuem gegenüber offen ist, sich vor Veränderungen nicht scheut und viele Erfahrungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern oder in unterschied­lichen Branchen sammeln konnte. „Auch Lücken in Corona-Zeiten sind in Ordnung“, meint Hella Grapenthin. „Perso­naler wissen, dass die Jobsuche in Krisen­zeiten länger dauern kann.“ Hier ein paar Beispiele für Lebenslauf-­Lücken, die nach Aussage der Weiter­bildungsberaterin positiv gelesen ­werden können:

  •  Studium mit gleichzeitigem Engagement in einem Ehrenamt (zum ­Beispiel als Erklärung für längere Studien­zeiten)
  •  bei Studienwechsel: akademische Neuorientierung
  •  Stellenabbau aufgrund der Corona-­Pandemie (längere Zeit der Arbeitslosigkeit in Corona-Zeiten)
  •  Pflege der schwer erkrankten ­Mutter
  •  berufliche Neuorientierung
  •  Sabbatical
  •  Work and Travel
  •  Elternzeit (sofern die Bewerberin oder der Bewerber in dieser Zeit an Fortbildungen teilgenommen hat, sollten diese angegeben werden)

Wer seinen alten Arbeitsplatz aufgrund von Betriebsaufgabe, Insolvenz oder Stellenabbau verloren hat, kann das offen so darstellen. Etwas schwieriger ist es manchmal bei längeren Krankheitszeiten. „Wenn sich zum Beispiel eine Auszeit aus gesundheitlichen Gründen im Lebenslauf findet, sollte deutlich gemacht werden, dass ­dieser Zustand inzwischen vorbei ist und eine vollständige Genesung eingetreten ist“, meint Hella Grapenthin. „Das geht aber natürlich nur, wenn es auch tatsächlich so ist.“ Der abschließende Tipp der Expertin: Zeiten von Arbeitslosigkeit sollten Bewerbende nicht einfach nur als „arbeitssuchend“ im Lebenslauf benennen, sondern alles aufführen, was eventuell berufsrelevant ist. „Das ­können Weiterbildungen ebenso sein wie ehrenamtliche Tätigkeiten, Reisen oder Praktika. Alles ist besser als Stillstand, denn es zeigt, dass jemand an Weiterentwicklung interessiert ist.“

 

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