Frau am Schreibtisch mit Akten rechts und links schreit mit einer Akte über dem Kopf.

Fragen und Antworten

Arbeit ohne Ende? — Was Beschäftigte zu Überstunden ­wissen sollten

Text: Hanna Mollenhauer
Juristische Beratung: Hubertus Bartelt
Foto: Istock
1. September 2022

Darf mein Arbeitgeber Überstunden anordnen?

Grundsätzlich gilt: Sie müssen nur so viel arbeiten wie Sie vereinbart haben. Der Arbeitgeber kann allerdings Überstunden verlangen, wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Ansonsten kann er nur bei nicht vorhersehbaren Notfällen und Katastrophen Überstunden anordnen – nicht bei chronischem Personal­mangel oder rein wirtschaft­lichen Notsituationen. In Betrieben mit Betriebsrat muss dieser der Anordnung von Überstunden zustimmen. Eine stillschweigende Anordnung von Über­stunden liegt vor, wenn der Arbeit­geber Arbeit in einem Umfang zuweist, die in der normalen Arbeitszeit nicht zu schaffen ist.

Was heißt es, dass der Arbeitgeber Überstunden billigt oder duldet?

Billigen heißt, dass der Arbeitgeber nachträglich mit den Überstunden einverstanden ist. Eine Duldung liegt vor, wenn Arbeitgeber wissen, dass Überstunden anfallen und nicht dagegen einschreiten.

Wie viele Überstunden darf der Arbeitgeber verlangen?

Beschäftigte dürfen von Montag bis Samstag je acht Stunden arbeiten – also maximal 48 Stunden pro Woche. Die tägliche Arbeitszeit kann vorüber­gehend auf zehn Stunden ver­längert ­werden. Allerdings müssen diese zu­sätzlichen Stunden innerhalb von sechs Monaten durch Freizeit ausge­glichen werden, sodass die Beschäftigten im Durchschnitt wieder auf acht Stunden pro Tag kommen.

Muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, jede Arbeitsstunde seiner Beschäftigten zu dokumentieren, also auch die Überstunden. Der Arbeitgeber kann jedoch die Arbeitszeiterfassung an seine Mitarbeiter übertragen.

Müssen Überstunden bezahlt werden?

Grundsätzlich ja, aber der Arbeitgeber hat hier ein Wahlrecht: Entweder erfolgt die Vergütung in Form von Freizeitausgleich oder in Form von Geld. Voraussetzung ist, dass Ihr Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat. Nur wenn durch Überstunden die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden - bei einer Sechs-Tage-Woche - überschritten wurde, muss der Ausgleich in Freizeit so erfolgen, dass in der Rückschau in einem Sechs-Monats-Zeitraum im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag herauskommen.

Kann ich meine Überstunden auch in Freizeit abbummeln?

Nur wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung steht. Ansonsten hat der Arbeitgeber das Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich oder Bezahlung.

In meinem Arbeitsvertrag steht „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“. Was heißt das?

Solche Klauseln sind in der Regel rechtswidrig. Nach Auffassung des Bundes­arbeitsgerichts ist eine pauschale Abgeltung von Über­stunden mit dem vereinbarten Gehalt zu ungenau und deswegen ungültig (einzige Ausnahme: Führungskräfte mit hohen Gehältern). Der Arbeit­nehmer oder die Arbeitnehmerin muss bei Vertrags­abschluss erkennen können, was auf ihn oder sie zukommt und ­welche Leistung er oder sie für die vereinbarte Vergütung erbringen muss. Sogenannte Abgeltungsklauseln sind nur wirksam, wenn aus ihnen hervorgeht, bis zu ­welcher Anzahl oder welchem Anteil Überstunden mit dem Gehalt abge­golten sind. Solche Abreden müssen sich aber im ­Rahmen des Arbeitszeit­gesetzes be­­wegen und ­dürfen nicht dazu führen, dass der Gesamtlohn dadurch sittenwidrig wird. So darf etwa bei Teilzeitkräften nicht durch die „Hintertür“ ein Vollzeitvertrag ent­stehen. Eine unwirksame ­Klausel hätte zur Folge, dass der Arbeitgeber die Überstunden bezahlen muss, wenn er sie angeordnet, geduldet oder gebilligt hat.