17.07.2024
Fachkräftesicherung und zukunftsfeste Investitionen
Kammer fordert Nachbesserungen im Bundeshaushalt
„Dass die Sicherung der Fachkräfte das entscheidende Zukunftsthema ist, geht aus dem Kabinettsentwurf deutlich hervor“, lobt Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer den Haushaltsentwurf der Bundesregierung, der heute im Kabinett beschlossen worden ist. „Wie dieses Ziel erreicht werden soll, da sehen wir allerdings deutlichen Nachbesserungsbedarf.“
Begrüßenswert ist die arbeitnehmerorientierte Ausgestaltung der Sozialabgaben bei Menschen, die über das Rentenalter hinaus im Arbeitsleben bleiben möchten. So sollen Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung den Betroffenen künftig als Lohn ausgezahlt werden.
Kritisch sieht die Kammer hingegen, dass Zuschläge für Überstunden steuer- und abgabenfrei gestellt werden sollen. „Hier werden falsche Anreize gesetzt – sowohl für Arbeitgeber als auch für Beschäftigte“, so Rosenthal. Bremer Beschäftigte wollen häufig weniger, nicht mehr arbeiten – so das Ergebnis einer Befragung der Arbeitnehmerkammer. Stattdessen müssen Arbeitgeber ermuntert und verpflichtet werden, neue Fachkräfte zu gewinnen – durch Ausbildung und durch Qualifizierung. Außerdem werden durch diese Regelung den Sozialversicherungen Mittel entzogen, die dort dringend gebraucht werden.
Die steuerlichen Anreize für zugewanderte Fachkräfte – in den ersten drei Jahren sollen erst 30, dann 20 und dann zehn Prozent vom Bruttolohn steuerfrei gestellt werden – lehnt die Kammer ab. „Abgesehen davon, dass das vermutlich dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht, brauchen wir die so verausgabten Mittel anderswo dringender – zum Beispiel für die Beschleunigung der Anerkennungsverfahren.“
„Nicht nur die alten – auch neue Fachkräfte braucht das Land!“ – Kürzungen beim Jobcenter zurücknehmen
Alle drei Maßnahmen zielen – aus Kammersicht mehr oder weniger sinnvoll – auf das Ausschöpfen des vorhandenen Fachkräftepotenzials. „Was wir aber in viel größerem Umfang brauchen, ist die Unterstützung derer, die noch Fachkräfte werden wollen! Hier ist der Haushaltsentwurf wenig kreativ, zum Teil sogar kontraproduktiv“, so Rosenthal. „Wir brauchen die vorhandenen, wir brauchen aber vor allem auch neue Fachkräfte!“
Die Kürzungen, die bei den Jobcentern geplant sind, bedeuten schlicht: weniger Qualifizierungen für die Menschen, die dort betreut werden. Insbesondere für Arbeitsuchende ohne Berufsabschluss ist eine Nachqualifizierung bis zu diesem allerdings erforderlich, damit der Übergang in existenzsichernde Beschäftigung auf Dauer gelingt.
Dass die Einwanderung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt in die Zeitarbeit ermöglicht werden soll, kann sich für das Thema Fachkräftesicherung ebenfalls als Bumerang erweisen: „Unsere Arbeitsmarktpolitik muss erst einmal alles daransetzen, dass aus Zugewanderten Fachkräfte werden – und sie nicht von Beginn an in der Zeitarbeit festsetzen.“ Angesichts weiterhin schleppender Anerkennungsverfahren und auch fehlender Angebote für die Nachqualifizierung Zugewanderter fordert die Kammer zudem ein „Sonderprogramm Anerkennung“, mit dem auch in den Bundesländern Kapazitäten bei den Anerkennungsbehörden und den Weiterbildungsträgern gezielt aufgestockt werden können.
Nachhaltig investieren geht anders – Schuldenbremse reformieren
Auch finanzpolitisch gibt es aus Sicht der Kammer Licht und Schatten im Haushaltentwurf. „Die sogenannten ‚Rekordinvestitionen‘ sind erfreulich – sie sind aber weder ausreichend noch nachhaltig verankert“, so Rosenthal. Zumal zu diesen Investitionen auch die 12 Milliarden Euro für die Errichtung des Generationenkapitals zur Entlastung der gesetzlichen Rente gerechnet werden. Führende wissenschaftliche Institute sprechen im Übrigen von mindestens 600 Milliarden Euro, die innerhalb von zehn Jahren zusätzlich benötigt werden, um den Investitionsstau zu beseitigen und die sozial-ökologische Transformation zu bewältigen. „Für eine nachhaltige Investitionspolitik müssen die Schuldenregeln reformiert und kreditfinanzierte Investitionen grundsätzlich ermöglicht werden“, schlägt Rosenthal vor.
Luft nach oben bei der Steuergerechtigkeit
Die gemeinsame Besteuerung von Ehe- und Lebenspartnern über die Steuerklassen III und V soll zugunsten der Steuerklasse IV mit Faktor abgeschafft werden. „Betroffene Haushalte werden dadurch nicht durch höhere Steuerzahlungen belastet – es werden nur die jeweiligen Anteile der Ehe- und Lebenspartner an der Haushaltsbesteuerung gerechter verteilt“, so Rosenthal. Damit werden positive Anreize für eine erhöhte Erwerbsbeteiligung von Frauen gesetzt, denn aktuell sind es meistens Frauen, die in die schlechtere der beiden Steuerklassen fallen und deren Einkommen stärker belastet werden.Die Reform soll ab 2030 automatisch wirken. Aus Kammersicht einerseits ziemlich spät, andererseits können sich betroffene Haushalte so auf die Änderung einstellen und sie kann handwerklich solide ausgestaltet werden.
Neben der Anpassung der Steuerklassen soll auch der Einkommensteuertarif aktualisiert werden. Der Grundfreibetrag wird rückwirkend für dieses Jahr, für 2025 und für 2026 sukzessive angehoben werden. Ein begrüßenswerter Schritt, um das steuerfreie Existenzminimum zu sichern und damit zugleich insbesondere kleinere Einkommen zu entlasten. Darüber hinaus soll der gesamte Steuertarif angepasst werden, um die sogenannte „kalte Progression“ auszugleichen. Ein nachvollziehbarer Schritt – allerdings werden hier aufgrund der Beschaffenheit des Steuertarifs höhere Einkommen tendenziell stärker als kleinere und mittlere Einkommen entlastet, während die unteren Einkommensgruppen in der Regel stärker von der Inflation der vergangenen Jahre betroffen waren. Zu begrüßen ist daher, dass die sogenannte Reichensteuer unverändert bleiben soll, sie setzt allerdings erst bei extrem hohen Einkommen (277.826 Euro) ein. „Richtig wäre es, den Steuertarif grundlegend zu überarbeiten, sodass starke Schultern konsequent mehr als schwache Schultern beitragen“, so Rosenthal.
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