Sie haben sich die Förderprogramme angeschaut, die das Land Bremen in den vergangenen Jahren für Alleinerziehende aufgelegt hat. Ziel der Programme war es, Alleinerziehende dabei zu unterstützen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Hat das geklappt?
René Böhme: Nur bedingt. Die Erwerbstätigenquote von Alleinerziehenden in Bremen ist zwar zuletzt leicht angestiegen. Sie ist aber immer noch die niedrigste im Ländervergleich. Wenn in den betrachteten Fällen eine Arbeitsaufnahme funktioniert hat, dann oftmals in Helfertätigkeiten in Teilzeit, sodass damit kein Ausstieg aus der Bedürftigkeit gelungen ist.
Wie sieht die Lebenswirklichkeit von Alleinerziehenden in Bremen aus, wie ist ihre wirtschaftliche Lage?
Fast drei von fünf Alleinerziehenden in Bremen beziehen Bürgergeld, mehr als die Hälfte gilt als armutsgefährdet. Das sind jeweils mit Abstand im Ländervergleich die höchsten Werte. Unter den Alleinerziehenden im Bürgergeldbezug haben drei von vier keine abgeschlossene Berufsausbildung und fast die Hälfte hat nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Studien weisen darauf hin, dass viele Alleinerziehende gesundheitliche Probleme wie beispielsweise Stress, Migräne, Schmerzen oder Depressionen haben. Viele sind zudem in Bezug auf ihre Wohnungssituation eher unzufrieden, sei es aufgrund der hohen Kosten, der unzureichenden Größe oder von Wohnraummängeln. Infolge der Corona-Pandemie hat das Problem der Isolation und fehlenden Netzwerke unter Alleinerziehenden zugenommen. Nach unseren Interviews lässt sich für viele Alleinerziehende im Sozialleistungsbezug ein Teufelskreis von gesundheitlichen Einschränkungen, Wohnraumdefiziten, Erziehungsproblemen und Förderbedarfen der Kinder, geringer Qualifikation, Einsamkeit, unzureichenden Betreuungsangeboten, Überforderung mit der Sozialbürokratie sowie fehlenden passgenauen Stellen beschreiben.