Die Bundesregierung plant, die Steuerklassenkombination III und V abzuschaffen. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Was das bedeutet? Unsere Experten Larissa Heilmann und Magnus Brosig geben Antworten.
Aktuell ist die geplante Abschaffung der Steuerklassenkombination III und V in der Diskussion. Für wen ist das überhaupt relevant?
Für verheiratete Paare: Viele wählen die Steuerklassenkombination III/V. Oft, ohne sich über die Folgen im Klaren zu sein: unter anderem nicht selten Nachzahlungen an das Finanzamt. Und: III/V bewirkt, dass ein sehr hoher Anteil der gemeinsamen Steuerlast Monat für Monat bei der Person in Steuerklasse V „abgeladen“ wird – in der Regel bei den Ehefrauen. Das führt bei ihnen oft zu dem Gefühl, dass sich ihre Arbeit nicht lohnt. Häufig entscheiden sich Frauen dann dagegen, ihre Beschäftigung auszuweiten, oder wechseln sogar in für sie steuerfreie Minijobs.
Viele Ehepaare glauben, dass sie durch die Steuerklassenkombination III/V steuerliche Vorteile haben. Würde eine Abschaffung der Steuerklassenkombination eine Steuererhöhung bedeuten?
Die Steuerklassenkombination III/V beinhaltet keinerlei steuerlichen Vorteil. Deshalb würde deren Abschaffung im Ergebnis auch keinerlei steuerlichen Nachteil mit sich bringen. Was man Monat für Monat an Lohnsteuer zahlen muss, ist nur ein Abschlag und wird schließlich mit der wirklich relevanten Einkommensteuer verrechnet. Man muss sich das wie beim Strom für die eigene Wohnung vorstellen. Dabei ist dabei nicht die vorläufige Monatsrate, sondern die Endabrechnung entscheidend – hier in Form von Steuererklärung und -bescheid. Und auf diese wirkliche Steuerschuld hat die Steuerklasse gar keinen Einfluss.
Warum befürchtet die Opposition Nachteile für Ehepaare?
Wenn behauptet wird, Ehepaare würden durch die geplante Reform belastet, stimmt das nicht. Das wäre allenfalls vorübergehend zutreffend, wenn sie monatlich etwas mehr Lohnsteuer entrichten, dann aber später entsprechend weniger nachzahlen müssten. Das wäre allerdings gerechtfertigt, denn Verlässlichkeit und Treffsicherheit sind im Interesse aller. Um die arbeitende Mitte zu entlasten, brauchen wir keine letztlich unwirksamen Tricks über Steuerklassen und ähnliche Instrumente, sondern eine längst überfällige faire Steuerreform.
„Die Kombination III/V beinhaltet keinerlei steuerlichen Vorteil.“
Larissa Heilmann, Leiterin der Steuerberatung
Viele werfen in der aktuellen Diskussion um die Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V mit dem Begriff Ehegattensplitting um sich. Was hat es damit auf sich und wird dieses ebenfalls abgeschafft?
Beim Ehegattensplitting wird die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Eheleute halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die sich ergebende Steuer verdoppelt. Dadurch wird insbesondere bei weit auseinanderliegenden Einkünften der Eheleute der besonders hohe Steuersatz für das höhere Einkommen reduziert. Um vom Ehegattensplitting zu profitieren, muss eine gemeinsame Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht werden. Das Splitting selbst ist von den geplanten Änderungen aber gar nicht betroffen. Vielmehr würde bei IV mit Faktor erreicht, dass der jeweilige Splittingvorteil anders als bei III/V schon sehr genau bei der Lohnsteuer berücksichtigt und dabei auch gerecht auf die Ehepartner verteilt wird.
Sogenannte Lohnersatzleistungen – also beispielsweise Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Elterngeld – errechnen sich anhand des Netto-Verdiensts. Was bedeutet die Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V für Ehepaare, die aktuell von diesen Leistungen profitieren?
Anders als bei der rein steuerlichen Betrachtung ändert sich hier tatsächlich etwas. Zum Positiven und zum Negativen, je nachdem, wer betroffen ist. Ein Empfänger oder eine Empfängerin von Entgeltersatzleistungen mit Steuerklasse III erhält im Verhältnis zu ihrem Bruttogehalt mit der Steuerklasse IV mit Faktor weniger. Umgekehrt verhält es sich bei Steuerpflichtigen mit Steuerklasse V, die von der Steuerklasse IV mit Faktor und dem damit verbundenen höheren Nettoverdienst beim Bezug von Entgeltersatzleistungen profitieren würden. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine Frau, die vorher in Steuerklasse V war, künftig in Klasse IV mit Faktor mehr Krankengeld bekommen wird.
Welche Konsequenzen hat die Steuerklassenkombination IV/IV für Ehepaare?
Steuerpflichtige mit der Steuerklasse IV werden besteuert wie Alleinstehende und sind nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Mit der Steuerklassenkombination III/V und auch mit Steuerklasse IV mit Faktor besteht die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung, da steuerliche Vorzüge für Verheiratete vorweggenommen wurden.
„Vor allem bei den Ehefrauen führt die Klasse V oft zu dem Gefühl, dass sich ihre Arbeit nicht lohnt."
Magnus Brosig, Steuerpolitik-Experte
Wenn ich aktuell die Steuerklassenkombination III/V habe und diese abgeschafft wird, werde ich dann automatisch in Steuerklasse IV eingruppiert?
Das lässt sich im Moment noch nicht sagen. Die Regelungen sind noch in der Anfangsphase der Planung.
Was hat es mit dem Faktorverfahren der Steuerklasse IV auf sich? Muss ich einen Faktor selber beantragen?
Ja, der Faktor muss derzeit alle zwei Jahre unter Vorlage des voraussichtlichen Bruttoeinkommens beider Eheleute beantragt werden. Weil aber auch dieses Verfahren bislang nicht immer exakte Resultate bewirkt und auch einiger Aufwand notwendig ist, könnte sich das durchaus noch ändern. Womöglich gibt es durch die Reform demnächst ein automatisiertes Faktorverfahren, das dann zu exakten Abschlagszahlungen führen würde.
Fragen: Lea von der Mosel und Anna Zacharias
Foto: Canva
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