Fragen: Jan Zier
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23. Februar 2024
Die Wahlbeteiligung geht seit Jahren tendenziell zurück. Was können Betriebe und Betriebsräte dagegen tun?
Michaela Gröne: Betriebsräte und die betriebliche Mitbestimmung sind da ein ganz wichtiger Faktor! Sie sorgen für gelebte Demokratie am Arbeitsplatz. Die Beschäftigten spüren, wie es ist, wenn sie gehört werden, partizipieren können und ihre Anliegen ernst genommen werden. Sie merken, dass sie nicht ohnmächtig sind gegenüber „denen da oben“ und sind dann gegenüber unserer Demokratie auch insgesamt positiver eingestellt. Ihr Interesse an politischer Teilhabe steigt: Beschäftigte gehen erwiesenermaßen eher zur Wahl, wenn sie auch in ihrem eigenen Betrieb wählen dürfen. Uwe Jirjahn, Professor an der Universität Trier, wird uns das bei unserem Kammergespräch am 11. März in seinem Vortrag erläutern.
Wer prekär beschäftigt ist, wählt auch seltener. Woran liegt das?
Thomas Schwarzer: Es geht darum, wie selbstwirksam die Menschen sich erleben. Beschäftigte, die Arbeitnehmerrechte haben, erleben, dass sie Einfluss haben auf das, was im Betrieb nicht gut läuft und dass Prozesse dort auch verändert werden können. Sie sind dann auch in der parlamentarischen Demokratie selbstbewusster und wählen Parteien, die ihre Interessen vertreten. Die Wahlbeteiligung ist im Durchschnitt rückläufig – kaum jedoch in den gutsituierten Milieus. Die Menschen dort nehmen sich sowieso als selbstwirksam wahr und wollen ihre Interessen bei Wahlen geltend machen. Viele Menschen mit wenig Geld hingegen, die sich manchmal wie Menschen zweiter Klasse behandelt fühlen, finden die für sie wichtigen Themen selten gut durch Politikerinnen und Politiker vertreten. Doch gerade im Betriebsrat kann man politische Fähigkeiten erwerben: Man lernt, politische Forderungen zu formulieren, Verhandlungen zu führen oder das Sprechen in der Öffentlichkeit.