Stahlwerk in Bremen

Wie finanziert Bremen die Klimawende?

Mit einem Sondervermögen soll der klimaneutrale Umbau der Bremer Wirtschaft bezahlt werden. Wofür trotzdem kein Geld da ist.

Regierung und CDU in Bremen haben gemeinsam neue Kredite über 450 Millionen Euro vereinbart. Mit dem Geld soll das Stahlwerk von ArcelorMittal unterstützt, aber auch die Schuldenbremse eingehalten werden. Wie das zu bewerten ist, erklärt unser Referent für Finanz- und Wirtschaftspolitik Kevin Rösch.

In Bremen soll es ein „Sondervermögen“ für die „klimaneutrale Transformation der Wirtschaft“ geben. Das haben Landesregierung und CDU-Opposition beschlossen. Damit soll der „Klimafonds“ ersetzt werden, der als verfassungswidrig galt. Was ist denn da jetzt anders?

Kevin Rösch: Im Gegensatz zum Klimafonds erlaubt das neue Sondervermögen deutlich weniger Investitionen und es wird hier keine „Schulden auf Vorrat“ geben. Außerdem gilt hier der im vergangenen November vom Bundesverfassungsgericht betonte Grundsatz der „Jährlichkeit“. Das bedeutet: Das Sondervermögen muss jedes Jahr immer wieder mit einer Zweidrittelmehrheit vom Parlament beschlossen werden. Dabei dürfen neue Kredite immer nur für das laufende Haushaltsjahr aufgenommen werden. Der Senat muss also jährlich eine Notlage erklären, da das Land sonst diese Schulden gar nicht aufnehmen darf. Auch die konkrete Verwendung der Mittel für einzelne Projekte soll jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Deshalb bekommt die CDU-Opposition hier ein ziemliches Gewicht bei der Entscheidung.

Sind diese neuen Schulden, mit denen unter anderem das Bremer Stahlwerk unterstützt werden soll, mit Blick auf die strenge Bremer Schuldenbremse erlaubt – und warum?

Sofern der Bremer Senat jedes Jahr eine Notlage begründen kann, hat man mit dem künftig in der Landesverfassung verankerten Sondervermögen nun einen rechtssicheren Weg, um insbesondere in das Stahlwerk zu investieren, aber auch in die Wasserstoffindustrie. Eine erneute Klage vor dem Staatsgerichtshof wird es durch den Schulterschluss mit der CDU-Opposition nicht geben. Damit entsteht auch bei ArcelorMittal nun Planungssicherheit. Der Konzern sollte das zum Anlass nehmen, um der Produktion von grünem Stahl den Weg zu ebnen. Noch ist nicht endgültig klar, ob der Konzern das Bremer Werk überhaupt umrüsten will. Allein im Stahlwerk arbeiten gut 3.000 Menschen. Wir gehen davon aus, dass rund 9.500 Bremerinnen und Bremer vom Stahlwerk abhängig sind.

"Es ist wichtig, dass Investitionen in den industriellen Kern Bremens jetzt möglich werden."


Kevin Rösch, Referent für Finanz- und Wirtschaftspolitik

Kevin Rösch

Wie bewertet die Arbeitnehmerkammer das neue „Sondervermögen“?

Es ist wichtig, dass Investitionen in den industriellen Kern Bremens jetzt möglich werden. Insbesondere mit Blick auf die Sicherung bestehender, aber auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist diese Entscheidung absolut zu begrüßen. Dennoch weist das Sondervermögen eine gewisse Schlagseite auf: Hier werden klassisch männerdominierte Branchen begünstigt, andere elementare und unterfinanzierte Bereiche – wie die von einem hohen Frauenanteil geprägte Pflege, der Bildungsbereich oder der Einzelhandel – finden keine Berücksichtigung.

Statt 2,5 Milliarden gibt es jetzt nur 450 Millionen für Zukunftsinvestitionen. Wofür ist also vorerst kein Geld da?

Viele wichtige Projekte sind gestrichen worden – das betrifft die Wärmewende ebenso wie Gebäudesanierungen und die Mobilität. Die Bremer Straßenbahn AG und damit die Verkehrswende profitiert beispielsweise nicht von dem Sondervermögen, auch der „Klima-Campus“ hat es bisher nicht in die Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition geschafft. Dabei ist er unverzichtbar, um die Fachkräfte von morgen qualitativ hochwertig auszubilden. Die Finanzierung dieser Maßnahmen muss aber auf jeden Fall sichergestellt werden.

Es wird deshalb geprüft, ob es dafür andere Finanzierungswege gibt, beispielsweise mit sogenannten finanziellen Transaktionen. Dabei würde das Land zwar auch neue Schulden aufnehmen, um mit diesem Geld beispielweise die BSAG zu unterstützen. Gleichzeitig würde Bremen dadurch aber Unternehmensbeteiligungen erwerben, die sich positiv auf die Landesbilanz auswirken. Diese Art der Verschuldung wird nicht auf die Schuldenbremse angerechnet. Umgekehrt gilt aber auch, dass das Land seinen Haushalt nicht durch den Verkauf von Firmenanteilen aufpolieren kann. Die Möglichkeit der „finanziellen Transaktionen“ sollte aus Sicht der Arbeitnehmerkammer aber unbedingt genutzt werden, um die wichtigen Zukunftsprojekte, die es nicht ins Sondervermögen geschafft haben, nachhaltig zu finanzieren.

Fragen: Jan Zier
Foto: iStock
12. März 2024