Verbrauchertipp

Rentenkürzung: Versicherer senken den Rentenfaktor

Der Rentenfaktor bestimmt, was eine private Rente später einmal wert ist. Versicherer nutzen ihn bei Rentenbeginn für die Umrechnung des Ersparten in die Rente. In der Regel steht bei Vertragsbeginn das konkrete Endguthaben noch nicht fest. Dafür wird im Vertrag meist schon ein Rentenfaktor angegeben, also ein bestimmter Eurobetrag an Rente, der pro 10.000 Euro angespartem Kapital gezahlt wird. Bei einem Rentenfaktor von 37 Euro erhält der Versicherungskunde im Alter von 65 Jahren zum Beispiel aus 100.000 Euro eine Rente in Höhe von 370 Euro.

Text: Annabel Oelmann (Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen)
Illustration: Annika Falke
1. September 2023

Solche Rentenfaktoren finden sich bei fast allen Arten von privaten Rentenversicherungen (wie Rürup- und Riester-­Verträgen, Verträgen über die betriebliche Altersvorsorge oder staatlich nicht geförderten privaten Rentenversicherungen). Ein Versicherer kann den Rentenfaktor nur unter besonderen Voraussetzungen absenken. Anpassungen sind deshalb nicht immer rechtens.

So im Falle eines Riester-Kunden der Zurich-­Versicherung: Im Vertrag stand der Rentenfaktor von 37 Euro je 10.000 Euro Sparkapital. Doch im Jahr 2017 teilte der Anbieter mit, er werde zu Rentenbeginn im Jahr 2039 nur noch 28 Euro Rente je 10.000 Euro zahlen. Das bedeutet eine Kürzung der Rente um fast 25 Prozent und ist zudem kein Einzelfall. Viele Anbieter meinen die Rentenfaktoren ein­seitig herabsetzen zu können.

Ein Urteil des Landgerichts Köln wirft nun ein Schlaglicht auf die weit verbreitete Praxis. Der Kunde der Zurich-­Versicherung hatte sich in erster Instanz erfolgreich gegen die Kürzung gewehrt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, da der Anbieter in Berufung ging. Ebenfalls Betroffene sollten einen Blick in ihren Vertrag und die aktuelle Standmitteilung werfen, ob der eigene Versicherer eventuell auch schon die Rente gekürzt hat. Meist steht schon in den ersten Absätzen der allgemeinen Versicherungsbedingungen, ob sich ein Versicherer vorbehält, später einmal den Rentenfaktor neu zu berechnen.

Bei neuen Verträgen ist daher immer auch auf den Rentenfaktor zu achten. Auszuwählen sind möglichst Versicherer, die vertraglich zusichern, den Wert nicht zu ändern. In Altverträgen aus den 90er-Jahren und in Verträgen Anfang der Nullerjahre waren noch gute Rentenfaktoren in Höhe von 50 Euro vereinbart. Solche Verträge versprechen also recht viel Rente für wenig Geld. Neue Angebote enthalten meist nur noch die Hälfte oder weniger und sind nicht fest zugesagt. Erst kurz vor Rentenbeginn wird dann noch einmal neu gerechnet. Für Verbraucher lässt sich so kaum vorher­sehen oder kalkulieren, wie viel Rente es später einmal geben könnte. Unterm Strich sind private Rentenversicherungen nicht die attraktivste Form der Altersvorsorge. Da das allgemeine Zinsniveau in den letzten Jahren besonders niedrig war und Versicherer kaum noch hohe Garantiezinsen an­geboten haben, sollten Sie insbesondere junge Verträge auf den Prüfstand stellen.

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