März 2025
An die Weiterbildung werden hohe Erwartungen und Qualitätsanforderungen gestellt: sie soll zur Fachkräftesicherung beitragen, die Transformation mitgestalten und dabei helfen, die Demokratie zu verteidigen. Gleichzeitig drohen immer wieder neue finanzielle Einschnitte.
Aktuell sind insbesondere Sprachkurse von drastischen Kürzungen betroffen. Aber auch in der Weiterbildungsförderung konnte im letzten Jahr eine Kürzung von 8 Prozent abgewendet werden. An sich muss aber viel mehr in die Weiterbildung investiert werden – in Anbetracht der anstehenden Haushaltsverhandlungen, setzen wir uns gemeinsam dafür ein.
Sprachkurse sind grundlegend für die Teilhabe am Arbeitsleben
Menschen, die zuwandern, sind darauf angewiesen, dass ihnen die Unterstützung zuteil wird, die sie benötigen, um hier arbeiten zu können. Sprache ist dabei die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration. Doch sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wurden die Möglichkeiten zum Spracherwerb zuletzt deutlich eingeschränkt.
Kürzungen auf Bundesebene reduzieren Sprachkursangebot
Auf Bundesebene wird das Gesamtprogramm Sprache sukzessive abgebaut. Dazu gehören die Integrationskurse und die Berufssprachkurse. So wurde Ende 2024 die Integrationskursverordnung (IntV) geändert. Hierdurch sollen Kosten eingespart und die Effizienz der Kurse gesteigert werden. Dies ging mit massiven Einschnitten in der Angebotsvielfalt einher. Darüber hinaus sieht der Haushaltsentwurf für 2025 eine deutliche Kürzung der Mittel für Berufssprachkurse (BSK) vor, sodass nur noch ein Bruchteil der benötigten Kurse angeboten werden kann.
Bremen muss entstandene Lücken füllen
Finanzielle Mittel, um ausreichende, passgenaue Angebote für alle Zugewanderten zur Verfügung zu stellen, können und sollen nicht von den Ländern aufgebracht werden. Sprache als zentrale Voraussetzung der nachhaltigen und fairen Arbeitsmarktintegration ist jedoch auch ein arbeitsmarktpolitisches Thema – und in dem Sinne eines, dem sich die Länder annehmen müssen. Bremen hat diese Aufgabe wahrgenommen, indem über den ESF sowohl ergänzende Sprachkurse als auch Koordinierungsangebote auf Landesebene finanziert wurden. Ein Großteil dieser Angebote hat mit Beginn des Jahres 2025 geendet. Strukturelle Förderlücken des Bundes wurden hier erneut vergrößert.
Auch wenn Sprachkurse primär durch den Bund zu finanzieren sind, ist es üblich und zielführend, dass ergänzende Angebote auf Landesebene finanziert werden. In den anstehenden Haushaltsverhandlungen müssen Mittel zur Sicherstellung von Angeboten eingeplant werden – diese müssen auf unterschiedliche Personengruppen abzielen und beispielsweise neben den niedrigschwelligen Angeboten im Quartier auch ergänzende Kurse für Zugewanderte, die das Sprachniveau B1 im Integrationskurs nicht erreichen konnten, vorsehen.
Mehr dazu: Stellungnahme zu den Angebotsreduzierungen im Bereich der Sprach- und Integrationskurse.
Weiterbildung fördert den Erhalt der Erwerbsfähigkeit und die Teilhabe an Gesellschaft
Das Bremische Weiterbildungsgesetz (WGB) und das Bremische Bildungszeitgesetz sind 1974 verabschiedet worden. Es waren Arbeiter- und Angestelltenkammer, die maßgeblich an den Entwürfen beider Gesetze beteiligt waren. Zentrale Forderung im Zusammenhang mit dem Weiterbildungsgesetz war es, die berufliche, allgemeine und politische Bildung miteinander zu verflechten. Das Ziel war Bildungsdefizite abzubauen, Chancengleichheit zu erhöhen und die zersplitterte Fortbildungslandschaft zu reformieren.
Gesellschaft mitgestalten
Das bremischen Weiterbildungsgesetz erkennt die allgemeine, politische und berufliche Weiterbildung als eigenständigen und gleichberechtigten Teil des Bildungswesens an. Und dieser Aspekt ist heute so wichtig wie damals: Denn die Fokussierung der öffentlichen Debatte allein auf die beruflich-betriebliche Weiterbildung ist nicht ausreichend. Weiterbildung geht über diesen Bereich hinaus. Es geht um die Bewältigung von strukturellen Veränderungen und es geht um die Gestaltung von Gesellschaft. Weiterbildung ist Teil der freien Persönlichkeitsentfaltung. Auch die allgemeine und politische Weiterbildung wird dringend gebraucht, um Beschäftigte für Ehrenämter und freiwilliges Engagement, für Familien und Pflegearbeit zu qualifizieren und um die politische und persönliche Urteilskraft zu stärken. Weiterbildung soll – so sagt es das Gesetz - „sowohl den Erhalt der Erwerbsfähigkeit als auch die Teilhabe an der Gesellschaft und die Wahrnehmung der Bürgerrechte“ fördern.
Über Bildungszeit in die Weiterbildung
Es ging und geht in der Bildungszeit noch heute darum, über den Tellerrand hinaus zu schauen und sich neues Wissen anzueignen. Teilnehmende können andere Sichtweisen kennenlernen, gesellschaftliche Veränderungen nachvollziehen und einordnen, Kritikfähigkeit lernen und die eigene politische Urteilskraft stärken. Das Format der Bildungszeit hat auch deshalb eine besondere Bedeutung, weil es leichter bildungsferne Beschäftigtengruppen erreicht als andere Bildungsformate. Eine Teilnahme an Bildungszeit kann also den Einstieg in Weiterbildungsprozesse erleichtern.
Weiterbildung ist unterfinanziert
Die Weiterbildungslandschaft in Bremen ist sehr heterogen und deckt ein breites Aufgabespektrum, von der Grundbildung über die Familienbildung, der politischen Bildung bis hin zur beruflichen (Weiter-) Qualifizierung ab. Die Anforderungen an die Weiterbildung sind hoch, doch die öffentlichen Ausgaben sind in den letzten 20 Jahren um 32 Prozent gesunken:
Zum Zoomen Mausrad oder Finger verwenden

Die Abbildung zeigt, wie sich die realen, das heißt die um die Inflation bereinigten, Ausgaben für Weiterbildung entwickelt haben.
Im Jahr 2024 konnte eine Kürzung von 8 Prozent der Weiterbildungsförderung abgewendet werden. Dabei besteht im Grunde ein erheblicher Mehrbedarf: Durch die sogenannte institutionelle Förderung, geregelt über das Gesetz über die Weiterbildung im Lande Bremen (WBG), werden Zuschüsse für hauptberufliches Personal u.a. zur Stärkung der Programmentwicklung und der Qualitätssicherung gewährt. Diese Personalkostenzuschüsse sind seit Jahrzehnten unverändert geblieben (bei gleichzeitig steigenden Tariflöhnen). Die Einrichtungen kämpfen daher vermehrt mit wirtschaftlichen Problemen. Die institutionelle Förderung ist seit dem Jahr 1997 nicht erhöht worden. Eine Anpassung der Förderung an die Verhältnisse von 1997 führt zu einem Mehrbedarf in Höhe von mindestens 500 TSD € pro Jahr. Der errechnete Bedarf orientiert sich an der Gehaltsentwicklung der letzten Jahre.
Für Lehrende nicht auskömmlich
Honorarkostenzuschüsse, geregelt über die Programmförderung im WBG, werden mit einem vorgegebenen Anteil des Basissatzes gefördert, was zu einer Unterdeckung der Honorare führt, die durch Preiserhöhungen oder Drittmittel ausgeglichen werden müssen. Verschärft wird diese Problematik durch die generell sehr niedrigen Basissätze von derzeit 23 €, die für die Lehrenden nicht auskömmlich sind. Bei einer wünschenswerten Erhöhung der Basissätze wird aber auch der Fehlbetrag bei den Weiterbildungseinrichtungen entsprechend steigen. Eine Anpassung des Basissatzes um nur 5 € auf 28 € würde eine zusätzliche Förderung in Höhe von mindestens 300 TSD € erfordern. Ohne Anpassung müssten die Honorarkosten umgelegt werden, Weiterbildungsangebote würden für die Teilnehmenden deutlich teurer.
Neue Formate nötig
Doch die chronische Unterfinanzierung beeinflusst schon jetzt die Angebotsbreite, die heterogene und plurale Anbieterlandschaft und die Qualität der Veranstaltungen negativ. Insgesamt beläuft sich der jährliche Mehrbedarf der öffentlich geförderten Weiterbildung also auf mindestens 800.000 Euro. Gleichzeitig kommen neue Herausforderungen auf die Einrichtungen zu, z.T. forciert durch die Corona-Pandemie: Die Teilnehmenden müssen (wieder) erreicht werden, um die Weiterbildungsbeteiligung auf das alte Niveau und darüber hinaus zu steigern; und es müssen neue Formate entwickelt werden, um sowohl den Erwartungen der Teilnehmenden als auch den Anforderungen an die Qualifizierungsangebote gerecht zu werden.



Kampagne in Kooperation mit Arbeit und Leben Bremen, wisoak und PBW Bremen



Neue Perspektiven
Warum politische Bildung unverzichtbar ist
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Bildungszeit in Bremen
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