Kritiker sagen, dass das Gesetz mehr Bürokratie schafft und die ohnehin belasteten Unternehmen noch mehr belastet. Stimmt das?
Nein! Es schafft Wettbewerbsgleichheit für die Unternehmen, die schon heute nach Tarif bezahlen. Für sie ist damit auch kein größerer Aufwand verbunden als in der Vergangenheit. Nur Unternehmen, die keinen Tarifvertrag anwenden, müssen dann eben Tariflöhne bezahlen, wenn sie den Zuschlag für öffentliche Aufträge bekommen wollen.
In Bremen gibt es schon ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Ist das ein Vorbild?
Tarifreueregelungen gibt es in allen Bundesländern - außer in Sachsen und in Bayern. Die Regelungen sind von unterschiedlicher Tiefe und Qualität, in Bremen haben wir ein sehr ambitioniertes Tarifreue- und Vergabegesetz mit sehr weitreichender Geltung. Es soll dazu führen, dass Unternehmen, die nach Tarif bezahlen, die gleichen Chancen haben wie jene, die Tarifverträge unterlaufen. Damit sollen auch Anreize zur Stärkung der Tarifbindung gesetzt werden. Die beschlossenen gesetzlichen Neuerungen werden bisher aber noch nicht umgesetzt! Das musss sich ändern.
Welche konkreten Forderungen hat die Arbeitnehmerkammer zum Bundestariftreuegesetz?
Die Ampel-Regierung muss das Gesetz auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode verabschieden! Es steht ja auch im Koalitionsvertrag. Es ist sowieso kaum nachvollziehbar, dass das jetzt erst angepackt wird, auf der Zielgeraden der Wahlperiode. Wir plädieren dafür, dass der Grundsatz, dass nach Tarif bezahlt werden muss, möglichst bei jedem öffentlichen Auftrag gilt. Der Schwellenwert bei der Auftragsvergabe sollte deshalb so niedrig wie möglich angesetzt werden. Vorgesehen sind 25.000 Euro, wir plädieren für 10.000 Euro. In Bremen gilt das entsprechende Gesetz für alle öffentlichen Bauaufträge ab 5.000 Euro, bei Dienstleistungsaufträgen sogar ab 3.000 Euro.
Die gemeinsame Stellungnahme der Arbeitnehmerkammer Bremen und der Arbeitskammer Saarland zum Referentenentwurf zum Tariftreuegesetz kann man hier nachlesen (PDF zum Download)
14. Oktober 2024
Fragen: Jan Zier
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