Und die Fachkräfte fehlen ja auch gerade in den Kitas: Es mangelt an Erzieherinnen und Erziehern. Was muss die Politik hier tun?
Ja, bis zum nächsten Jahr fehlen in Bremen rund 1.400 Erzieherinnen und Erzieher. Die Idee, dass diese Berufsgruppe bei der Vergabe von Kita-Plätzen bevorzugt wird, ist schon mal sehr gut! Denn eine Erzieherin kann im Ü3-Bereich beispielsweise rund 20 Kinder betreuen und damit auch 20 Elternpaaren dabei helfen, berufstätig zu sein. Darüber hinaus muss Bremen noch mehr in die Ausbildung investieren, damit möglichst viele junge Leute in den Erzieherinnenberuf einsteigen. Der ist aber auch hoch anspruchsvoll, denn in den Kitas sollen die Kinder ja nicht nur untergebracht, sondern auch gefördert werden. Kitas haben zuallererst auch einen Bildungsauftrag. Die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher dauert deshalb richtigerweise lange. Das heißt, von jetzt auf gleich lässt sich die Situation allein mit mehr Ausbildung nicht lösen.
Welche kurzfristigen Möglichkeiten gibt es?
Die Möglichkeiten sind begrenzt. Denn auch wenn der Wunsch und der Wille da sind, die Kita-Plätze auszubauen, darf eines nicht aus dem Blick geraten: Erzieherinnen und Erzieher sind schon jetzt sehr belastet. Wenn zum Beispiel die Gruppen in den Kitas schlicht vergrößert werden, steigt auch die Belastung weiter an. Niemandem wäre damit geholfen, wenn dadurch noch mehr Personal krank ausfällt, Erzieherinnen die Arbeitszeit reduzieren oder gleich ganz den Beruf verlassen. Es muss eher darum gehen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, anstatt sie weiter zu verschärfen. Eine Chance könnte sein, die Aufgaben in den Kitas zwischen Erzieherinnen, Sozialpädagogischen Assistenzen und Kinderpflegern anders zu verteilen.
Was heißt das konkret?
Kitas könnten den Personalmix – beispielsweise in den Randzeiten – ändern. Sozialpädagogische Assistenzen und Kinderpflegerinnen haben ja bereits Kompetenzen erworben, sind aber noch keine fertig ausgebildeten Erzieherinnen. Sie könnten also außerhalb einer Kernbetreuungszeit von sechs Stunden einspringen und für Entlastung sorgen. Dies darf aber erstens nur zeitlich befristet erfolgen und zweitens muss gewährleistet sein, dass sie sich parallel zur Fachkraft weiterqualifizieren. Denn wichtig ist: Diese schnellen Lösungen dürfen auf Dauer nicht zu einer Abwertung des Erzieherinnenberufs führen und auch nicht zum Qualitätsverlust bei der Betreuung. Hier ist bei der Umsetzung also Fingerspitzengefühl gefragt, nicht die Brechstange.
Das Geld in Bremen ist knapp – reicht es für ein gutes Kita-Angebot?
Das Thema Kinderbetreuung muss ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Denn nur mit einer guten Kinderbetreuung können mehr Frauen erwerbstätig sein und damit gleiche Chancen am Arbeitsmarkt haben. Und auch die Bremer Wirtschaft ist dringend auf Fachkräfte angewiesen. Und ganz besonders wichtig: In der Kita können Kinder frühzeitig miteinander und voneinander lernen und dann besser in die Schule starten. Jeder Euro, der hier investiert wird, zahlt sich doppelt und dreifach aus.
20. September 2024
Fragen: Nathalie Sander