In Bremen hat das Jobcenter schon jetzt sein ganzes Geld für 2024 ausgegeben. Was muss aus Sicht der Arbeitnehmerkammer jetzt passieren?
Die strategische Ausrichtung der Arbeitsförderung in Bremen muss neu austariert werden. Dabei muss die Förderung der beruflichen Weiterbildung – mit Abschlussorientierung – und die öffentlich geförderte Beschäftigung weiterhin die zentrale Rolle spielen. Unbedingt vermeiden müssen wir die Abkehr von nachhaltig angelegten Maßnahmen, auch wenn sie pro Kopf mittelfristig viele Mittel binden. Die Rückkehr zu einer „Quick-and-dirty-Strategie“, bei der dank kurzer Förderdauer mit geringem finanziellen Pro-Kopf-Aufwand viele Personen erreicht werden könnten, müssen wir unbedingt vermeiden.
Warum?
Der Gradmesser einer guten Arbeitsförderung darf nicht eine hohe Förderquote sein, es muss immer um messbare Integrations- und Teilhabeerfolge gehen. In Bremen wäre ein solcher Strategiewechsel zum Scheitern verurteilt: Die Betroffenen haben mehrheitlich keine oder keine verwertbaren formalen Abschlüsse, viele von ihnen leiden unter den gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen ihrer teils langen Arbeitslosigkeit.
Was schlägt die Arbeitnehmerkamme konkret vor?
Mehr Förderung von beruflicher Weiterbildung, die auch zu einem echten Berufsabschluss führt, ist weiterhin das wichtigste Ziel. Das ist der Schlüssel zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Die Weiterbildung kann gestärkt werden, weil diese Kosten ab 2025 nicht mehr von den Jobcentern, sondern aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt werden. Sofern öffentlich geförderte Beschäftigung so gestaltet werden kann, dass sie nicht nur individuell hilft, sondern auch die soziale Infrastruktur in den Quartieren verbessert, spricht auch weiterhin viel dafür, dies zu nutzen.
Zwar steht 2025 weniger Geld zur Verfügung. Das geringere Budget muss aber so genutzt werden, dass das Angebot an sozialversicherungspflichtiger Arbeit und Arbeitsgelegenheiten – umgangssprachlich Ein-Euro-Jobs genannt – nahezu aufrechterhalten werden kann. In diesem Sinne müssen auch die Gespräche mit den jeweiligen Beschäftigungsträgern geführt werden. Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass positive Erfahrungen von Pilot- und Innovationsprojekten wie „FRIDA!“ für Frauen, Familien und Alleinerziehende weiterhin in die Angebote einfließen. Für Bremerinnen und Bremer mit Fluchterfahrung muss gewährleistet bleiben, dass sie ihren meist hohen Informations- und Beratungsbedarf trotz der knappen Personalmittel des Jobcenters weiterhin decken können. Auch das breite Angebot an Maßnahmen für junge Menschen muss gewährleistet bleiben. Ihr Unterstützungsbedarf ist besonders hoch: Die Ungelerntenquote unter den jungen Menschen zwischen 25 und 34 Jahren liegt im Land Bremen bei 30 Prozent und ist seit 2020 dramatisch angestiegen.
Datum: 22. August 2024
Foto: Jonas Ginter
Fragen: Jan Zier